Ist der Kurs non-dual?

Der Kurs vertritt eine radikal non-dualistische Position, ohne jedoch die »Welt der Erscheinungen« zu verleugnen oder zu ignorieren. Im Gegenteil: die Welt, die der Kurs durchgängig als nicht wirklich, als Illusion bezeichnet, kann durch einen neuen Zweck, der ihr gegeben wird, der Erlösung dienen.

Folgender Auszug aus dem Abschnitt III des Kapitels 26 im Textbuch (T-26.III) zeigt die zugrundeliegende Metaphysik des Kurses sehr klar auf. Weitere Zitate aus dem Kurs verdeutlichen dies.


Das Grenzland

Komplexität ist nicht von Gott. Wie könnte sie es sein, wenn alles eins ist, was er kennt? er kennt nur eine Schöpfung, eine Wirklichkeit, eine Wahrheit und nur einen Sohn. Nichts steht mit dem Einssein in Konflikt. Wie könnte dann Komplexität in ihm sein? Was gibt es zu entscheiden? Denn es ist Konflikt, der Wahl ermöglicht. Die Wahrheit ist einfach, eins, ohne ein Gegenteil.Und wie könnte Zwietracht in ihre einfache Gegenwart treten und Komplexität dorthin bringen, wo Einssein ist? Die Wahrheit trifft keine Entscheidungen, denn es gibt nichts, zwischen dem zu entscheiden wäre. Und nur, wenn dem so wäre, könnte Wählen ein notwendiger Schritt im Fortschreiten zum Einssein sein. Was alles ist, lässt für nichts anderes Raum. Doch dessen Größe geht über den Rahmen dieses Lehrplans hinaus. Auch ist es nicht notwendig, dass wir uns mit etwas aufhalten, das nicht unmittelbar fassbar ist.

Es gibt ein Grenzland des Denkens, das zwischen dieser Welt und dem Himmel steht. Es ist kein Ort, und wenn du es erreichst, so ist es unabhängig von der Zeit. Hier ist die Stätte der Begegnung, in der Gedanken zusammengebracht werden, wo miteinander in Konflikt stehende Werte aufeinander treffen und alle Illusionen neben die Wahrheit niedergelegt und als unwahr beurteilt werden. Dieses Grenzland liegt gerade jenseits von der Himmelspforte. Hier wird jeder Gedanke rein gemacht und gänzlich einfach. Hier wird die Sünde geleugnet und anstelle ihrer alles das, was ist, empfangen.

Das ist der Reise Ende. Wir haben es als wirkliche Welt bezeichnet. Und dennoch ist hier insofern ein Widerspruch, als die Worte implizit besagen, es gebe eine begrenzte Wirklichkeit, eine partielle Wahrheit, ein Segment des Universums, das wahr gemacht ist. Das ist deshalb so, weil die Erkenntnis keinen Angriff auf die Wahrnehmung übernimmt. Sie werden zusammengebracht, und nur eine geht weiter nach dem Tor, wo das Einssein ist. Erlösung ist ein Grenzland, wo Ort und Zeit und Wahl noch von Bedeutung sind, und dennoch kann gesehen werden, dass sie vorübergehend sind und fehl am Platz und jede Wahl bereits getroffen ist.

Nichts, was der Gottessohn glaubt, kann zerstört werden. Doch das, was für ihn Wahrheit ist, muß zum letzten Vergleich, den er je ziehen wird, zur letzten Bewertung, die möglich sein wird, zum letzten Urteil über diese Welt gebracht werden. Es ist das Urteil der Wahrheit über die Illusion und der Erkenntnis über die Wahrnehmung: »Sie hat keine Bedeutung, und sie existiert nicht.« Das ist nicht deine Entscheidung. Es ist nur die einfache Feststellung einer einfachen Tatsache. Doch in dieser Welt gibt es keine einfachen Tatsachen, weil unklar bleibt, was dasselbe und was verschieden ist. Das einzig Wesentliche, um überhaupt eine Wahl zu treffen, ist diese Unterscheidung. Und hierin liegt der Unterschied zwischen den Welten. In dieser wird die Wahl unmöglich gemacht. In der wirklichen Welt wird das Wählen vereinfacht.

Die Erlösung endet kurz vor dem Himmel, denn nur die Wahrnehmung bedarf der Erlösung. Der Himmel war niemals verloren und kann somit nicht erlöst werden. Wer aber kann eine Wahl zwischen dem Wunsch nach dem Himmel und dem Wunsch nach der Hölle treffen, solange er nicht sieht, dass sie nicht dasselbe sind? Dieser Unterschied ist das Lernziel, das sich dieser Kurs gesetzt hat. Er geht nicht über dieses Ziel hinaus. Sein einziger Zweck ist nur zu lehren, was dasselbe und was verschieden ist, und damit lässt er Raum, die einzige Wahl zu treffen, die getroffen werden kann.

Es gibt in dieser komplexen und überkomplizierten Welt keine Basis für eine Wahl. Denn niemand versteht, was dasselbe ist, und scheint zu wählen, wo es in Wirklichkeit gar keine Wahl gibt. Die wirkliche Welt ist der Bereich der Wahl, wirklich gemacht, nicht im Ergebnis, sondern in der Wahrnehmung der Wahlalternativen. Dass es eine Wahl gibt, ist eine Illusion. Doch in dieser Illusion liegt das Aufheben jeder Illusion, diese nicht ausgeschlossen.

Ist dies nicht wie deine besondere Funktion, wo die Trennung aufgehoben wird durch die Veränderung des Zweckes dessen, was einst Besonderheit war und jetzt Vereinigung ist? Alle Illusionen sind nur eine. Und in der Einsicht, dass es so ist, liegt die Fähigkeit, alle Versuche aufzugeben, zwischen ihnen zu wählen und sie verschieden zu machen. Wie einfach ist die Wahl zwischen zwei Dingen, die sich so eindeutig unähnlich sind. Es gibt hier keinen Konflikt. Es ist kein Opfer möglich beim Aufgeben einer Illusion, die als solche erkannt worden ist. Wenn dem, was niemals wahr war, jegliche Wirklichkeit entzogen ist, kann es dann schwierig sein, es aufzugeben und das zu wählen, was wahr sein muss?