31. Mai (151)↗

Heute beginnt meine Osterzeit - die Auferstehung. Es ist die Befreiung von allen meinen Urteilen, denn sie beruhen nur auf scheinbarer Gewissheit trotz unvollständiger Beweise. Dies ist mir bewusst, da es genügend Erfahrungen gibt, die mir zeigen, dass die Grundlagen meiner Beurteilungen unsicher sind. Und trotzdem baue ich auf diese Urteile mit hartnäckiger "Gewissheit". Ich bin scheinbar fest davon überzeugt, dass diese Welt wirklich ist, dass ich mich als besonderes Wesen in einem ständigen Überlebenskampf befinde, dass ich angegriffen werde und mich verteidigen muss, dass Schuld und Strafe für ein "Funktionieren" in dieser feindlichen Umgebung unabdingbar sind, dass alle Wesen, mich eingeschlossen, eines Tages sterben werden.

Die einzigen Beweise für meine Urteile kommen von den Sinnen des Körpers. Ich weiß aus Erfahrung, dass diese "Beweise" mich häufig getäuscht haben, aber trotz allem baue ich meine Gewissheit darauf. Schon ein einfaches Experiment zeigt mir, dass meine Sinneseindrücke keine Grundlage für meine Urteile sein können: ich habe noch nie in meinem Leben das Gesicht meines Körpers gesehen! Sicher, ich habe Spiegelbilder gesehen, ich habe andere Menschen gesehen, die alle ein Gesicht haben, aber "mein" Gesicht habe ich noch nie gesehen! Trotzdem bin ich fest davon überzeugt, ein Körper mit einem Gesicht zu sein! Vielleicht bin ich sogar stolz auf diese intellektuelle Leistung, denn auf Schlüssen dieser Art beruht schließlich die gesamte Wissenschaft und kommt so zu ihren erstaunlichen "Erkenntnissen".

Letztlich "weiß" ich jedoch, dass ich gar nicht urteilen kann, einfach deshalb, weil mir die Beweise fehlen. Das Ego-Denksystem hegt tief in seinem Inneren einen grundlegenden Zweifel. Es redet mir ein, dass es wahr ist, aber zweifelt doch selbst an seiner Realität. Dies ist der Zweifel, der allen meinen Urteilen unterliegt, daher verdränge ich ihn und ersetze ihn durch unerschütterliche "Gewissheit".

Dieses wahnsinnige Denksystem will ich heute aufgeben. Denn warum soll ich mich auf diese unsicheren Beweise verlassen, die die Sinne des Körpers mir bietet, wenn es einen RICHTER gibt, DEM Zweifel völlig fremd sind? Kann GOTT an SICH SELBST zweifeln? Wohl kaum, denn die Wahrheit ist wahr, Zweifel haben in ihrer Gegenwart keine Bedeutung. Was liegt also näher, als alle Urteile IHM zu übergeben und das anzunehmen, was ER nach Läuterung zurück gibt? Denn ER kann alles für SEINE Zwecke nutzen, auch meine Illusionen. ER reinigt sie von dem, was nicht wahr ist und gibt mir das Wahre zurück. So werden "alle Dinge zu einem Echo der STIMME für GOTT", wie der heutige Leitgedanke betont.

Ich verbringe jeweils 15 Minuten am Morgen und am Abend mit dem heutigen Leitgedanken, indem ich ihn zunächst langsam wiederhole. Anschließend gebe ich jedes Urteil, jeden Gedanken, der mir in den Sinn kommt, IHM, damit er ihn läutern und mir zurückgeben möge. Ich lausche auf SEINE STIMME, denn ER ist der RICHTER, der für die WAHRHEIT steht. Im Laufe des Tages will ich mich stündlich daran erinnern, dass alle Dinge ein Echo der STIMME für GOTT sind und auf SEINE ANTWORT warten.