18. April (108)↗

"Die Schau hängt vom heutigen Leitgedanken ab" (1.1). Dieser erste Satz der heutigen Lektion aus Ein Kurs in Wundern bedarf keiner Interpretation. Aber kann die angesprochene Wichtigkeit, ja fast schon Exklusivität, des Leitgedankens akzeptiert werden? Was macht die Aussage "Geben und Empfangen sind in Wahrheit eins" so fundamental?

Zunächst einmal handelt es sich um eine einfache Aussage, also ein gedankliches Konzept. Und dieses Konzept widerspricht in jeder Hinsicht dem, was ich unter "Geben" und "Empfangen" verstehe, denn "Geben" ist für mich mit "Weggeben", "Verlieren" oder "Handel, aber mit Verlustrisiko", "Empfangen" mit "Haben" oder "Gewinnen" assoziiert. Und das kann - in meinem bisherigen Verständnis - wohl kaum ein und dasselbe sein!

In der Lektion heißt es jedoch, dass die gedankliche Vorstellung, die diesem Konzept zugrunde liegt, wahr ist. Das Annehmen dieses Konzepts führt dazu, dass der dahinterliegende GEDANKE erscheint, das Licht als geistiger Zustand, in dem die Schau möglich ist und Gegensätze nicht mehr existieren und daher auch nicht mehr wahrgenommen werden können. Das Konzept in Form dieser Aussage ist also nicht wichtig, dieses Konzept wird weggelegt, wenn der GEDANKE erscheint, weil es nicht mehr gebraucht wird. Im Kurs geht es um Erfahrung, nicht um Konzepte ("Theologie").

Wie aber kann dieses Konzept, das meinen bisherigen Vorstellungen völlig widerspricht, angenommen werden? Denn zunächst einmal ist es eine Aussage, die ich glauben kann oder nicht. Der Glaube an eine solche Aussage bewirkt also gar nichts, weil Unglaube möglich ist. Da es um Erfahrung geht, bleibt also nur eine Möglichkeit: die Anwendung oder das Experiment. Denn nur durch die Anwendung auf den konkreten Einzelfall, die damit einhergehende Erfahrung und die anschließende Ausdehnung auf weitere Fälle führt zur Verallgemeinerung, die letztlich zur Akzeptanz der allgemeingültigen Aussage und damit zur Schau führt.

Daher will ich diesen Leitgedanken im Offensichtlichen anwenden, indem ich jedem Frieden, Ruhe, Freude und Sanftmut anbiete, weil es genau das ist, was ich empfangen will. "Ich werde empfangen, was ich jetzt gebe" (8.3). Denn "Geben ist Empfangen" (7.3).

So biete ich jedem das an, was ich haben will. Erst im konkreten Fall, dann jedem, und ich halte eine Weile inne, um zu empfangen, was ich gebe. Dabei schließe ich wirklich jeden ein, ohne Ausnahme, es gibt keine "Feinde", die meine Gabe nicht verdienen. Es ist ein Experiment, aber mit jeder Anwendung werde ich schnellere Fortschritte machen, wenn ich sage: "Geben und Empfangen sind in Wahrheit eins."