09. März (68)↗

Liebe und Groll hegen schließen einander vollkommen aus. Beides kann nicht gleichzeitig existieren. Hege ich Groll, schließe ich die Liebe aus. Und damit verleugne ich, was ich bin. Denn gestern habe ich gelernt, dass die LIEBE mich erschaffen hat wie SICH SELBST. Groll hegen heißt also, dass ich diese Wahrheit über mich verleugne.

Was bedeutet eigentlich "Groll hegen"? Immer dann, wenn ich glaube, etwas läuft falsch, wenn mir von jemandem etwas angetan wird, wenn ich möchte, dass jemand sich anders verhält, damit ich in Frieden sein kann, wenn ich gegenüber jemandem Rachegedanken hege oder ihm gar den Tod wünsche, dann hege ich Groll. Dabei ist die Intensität der Angriffsgedanken, denn darum handelt es sich, völlig unerheblich. Hasse ich jemanden oder spüre ich einen leichten Unmut einem anderen gegenüber - es handelt sich um Angriffsgedanken, die die Wahrheit über mich verschleiern.

"Denn der, der Groll hegt, verleugnet, dass die LIEBE ihn erschaffen hat, und sein SCHÖPFER ist für ihn in seinem Traum des Hasses furchterregend geworden" (2.4). Der Groll führt also nicht nur dazu, dass ich mich selbst verleugne. Er erzeugt auch das Bild eines furchterregenden Gottes in mir, "denn niemand kann sich seinen SCHÖPFER anders vorstellen, als er selbst ist" (1.7). Das erklärt auch den seltsamen Widerstand bei der Aussage, dass GOTT nur Liebe ist. Denn die verborgene Angst vor GOTT zeigt, dass mein Gottesbild ein ganz anderes ist.

Nun könnte man auf die Idee kommen, jeglicher Groll sei zu vermeiden. Das jedoch führt nur zu Stress, Schuldgefühlen und letztlich zur Unterdrückung. Heraus kommen die "friedlich lächelnden" Gesichter, denen man irgendwie die Anstrengung ansieht, jeglichen Groll unter der Decke zu halten.

Die praktische Anleitung in der heutigen Lektion sagt daher etwas ganz anderes: "Heute wollen wir versuchen, herauszufinden, wie du dich ohne ihn fühlen würdest" (4.4) und "Das ist jedoch bloß eine Frage der Motivation" (4.3). Es ist die Motivation, den Groll fahren zu lassen, nicht die Aufforderung, unter keinen Umständen Groll zu hegen!

Die Übung erscheint trivial, deckt aber in der Regel eine Menge Widerstände auf: denke ich an eine Person, die mir Unrecht angetan hat, gegen die ich also Groll hege, und stelle mir nun vor, ich würde vollkommen in Frieden mit ihr sein und sie als Freund betrachten, regt sich mit Sicherheit Protest. Ich will auf meine Rache oder mindestens Schuldzuweisung nicht verzichten! Das hat einen Wert für mich. Ist es nicht Wahnsinn, dass ich den Kick der Rachegedanken und Schuldzuweisungen dem vollkommenen Frieden vorziehe?

Das ist genau der Wahnsinn, den ich nicht mehr will.