Von Allen Watson
Übersetzung eines Kommentars zur Lektion 265. Die Übersetzung wurde vom Autor genehmigt, aber nicht überprüft.
Diese Lektion erklärt so eindeutig, wie die Welt uns offensichtlich anzugreifen scheint.
»Ich habe in der Tat die Welt missverstanden, weil ich ihr meine Sünden auferlegte und diese auf mich zurückblicken sah. Wie grimmig sie erschienen! Wie habe ich mich täuschen lassen, zu denken, dass das, was ich fürchtete, in der Welt war statt allein in meinem Geist.« (1:1-3).
Ich fühle Schuld über einige Aspekte von mir. Ich projiziere diese Schuld nach außen und »lege meine Sünden auf die Welt« und dann »sehe ich sie auf mich zurückblicken«. »Projektion erzeugt Wahrnehmung«. Es gibt mehr als eine Stelle im Kurs, an der klar ausgesagt wird, dass wir niemals die Sünden anderer sehen, sondern nur unsere eigenen. Die Welt, die ich sehe, ist die äußere Reflektion einer inneren Verfassung. In »Das Lied des Gebets« heißt es:
»Es ist unmöglich, einem anderen zu vergeben, denn es sind nur deine Sünden, die du in ihm siehst. Du willst sie dort sehen und nicht in dir. Deswegen ist Vergebung einem anderen gegenüber eine Illusion....Nur in einem anderen kannst du dir selbst vergeben, denn du hast ihn schuldig geheißen für deine Sünden, und in ihm muss deine Unschuld nun gefunden werden. Wem anders als den Sündigen muss vergeben werden? Und denke niemals, du könntest Sünde in irgend jemand anderem außer dir selbst sehen.« (L-2.I.4:2-8).
»Denke niemals, du könntest Sünde in irgend jemand anderem außer dir selbst sehen«. Was für eine gewaltige Aussage! »Es sind nur deine Sünden, die du in ihm siehst.« Eine Menge Leute, mich eingeschlossen, haben einige Probleme mit diesem Konzept. Ich glaube, dass unsere Egos es bekämpfen und alle möglichen Wege ausnutzen, es nicht akzeptieren zu müssen.
Eine übliche Reaktion auf Aussagen des Kurses wie diese ist: »Auf keinen Fall! Ich schlage niemals meine Frau. Ich habe niemals gemordet, vergewaltigt oder betrogen, wie er es getan hat!« Wo wir meines Erachtens falsch liegen, ist, dass wir auf bestimmte Handlungen schauen und sagen: »Sie haben das getan. Nicht ich.« Und dann denken wir, damit sei bewiesen, dass die Sünde, die wir sehen, nicht unsere eigene ist.
Die Handlung ist nicht die Sünde. Es ist die Schuld. Das Prinzip ist wesentlich umfassender als spezifische Handlungen. Das Prinzip des Angriffs lautet: »[Er] ist das Urteil eines Geistes über einen anderen, dass er der Liebe unwürdig ist und Strafe verdient.« (T-13.Einl.1:2) Die Handlung, die wir verurteilen, ist nicht wichtig. Wir sehen eine andere Person als »der Liebe unwürdig« an und glauben, dass sie »Strafe verdient«, weil wir uns selbst so sehen. Wir sehen unsere eigene Unwürdigkeit, mögen dieses Gefühl nicht und projizieren es auf andere. Wir finden spezielle Handlungsweisen, um die Unwürdigkeit mit etwas zu assoziieren, was wir nicht als etwas in uns selbst wahrnehmen wollen. Dies ist exakt die Art und Weise, wie wir die Schuld loszuwerden suchen!
Projektion und Distanzierung erfolgt in unserer eigenen Psyche wie außerhalb. Wenn ich mich selbst für etwas verurteile, z.B. weil ich zu viel gegessen habe, und mich darum schuldig fühle, mache ich dasselbe wie bei der Verurteilung meines Bruders, der gelogen oder was auch immer getan hat. In dem einen Fall schiebe ich die Schuld nach außen ab; im anderen Fall schiebe ich die Schuld auf einen »Schattenteil« von mir, den ich dann verleugne: »Ich weiß nicht, warum ich das getan habe. Ich weiß es eigentlich besser.«
Wenn ich mich schuldig fühle, verleugne ich eigentlich einen Teil meines eigenen Geistes. Es gibt einen Teil von mir, der die Notwendigkeit fühlt, zu viel zu essen oder ärgerlich über meine Mutter zu sein oder meine Karriere zu ruinieren oder meinen Körper mit Drogen zu missbrauchen. Ich tue dies, weil ich schuldig bin und glaube, dass ich Strafe verdiene. Die ursprüngliche Schuld kommt nicht von diesen Kleinigkeiten, sondern von dem Glauben tief in meinem Inneren, dass ich mich erfolgreich von Gott getrennt habe. Ich war wirklich erfolgreich darin, mich so zu ändern, dass ich nicht mehr die Schöpfung Gottes bin. Ich bin mein eigener Schöpfer. Und da Gott gut ist, muss ich böse sein. Tief in unserem Inneren glauben wir, dass das Böse in uns ist, dass wir das Böse sind. Wir können dieser Idee nicht ins Gesicht schauen, also spalten wir einen Teil unseres Geistes und unseres Verhaltens ab und legen ihm die Schuld zu Füßen.
Wenn ich die Sünde in meinem Bruder sehe, arbeitet exakt derselbe Mechanismus. Aber aus der Perspektive des Egos ist es viel attraktiver und wirkungsvoller, die Schuld zu verbergen, weil es will, dass wir sie behalten. Es schiebt die Schuld vollständig von mir weg. In Wirklichkeit ist mein Bruder Teil meines Geistes, so wie mein »Schattenteil« Teil meines Geistes ist. Die ganze Welt ist Teil meines Geistes. Mein Geist ist alles, was existiert.
»Wie habe ich mich täuschen lassen, zu denken, dass das, was ich fürchtete, in der Welt war statt allein in meinem Geist.« (1:3).
»Er [der sich mit dem Ego identifiziert] nimmt diese Welt immer als außerhalb von sich wahr, den das ist für seine Anpassung entscheidend. Er merkt nicht, dass er diese Welt macht, denn es gibt keine Welt außerhalb von ihm.« (T-12.III.6:6-7)
»Nimm die Decken weg und betrachte das, wovor du Angst hast.« (T-12.II.5:2).
Wir müssen auf das schauen, was uns ängstigt, bis wir feststellen, dass es sich in unserem Geist abspielt. Wenn wir schließlich die Wahrheit darüber erkennen, sind wir an der Stelle, etwas dagegen zu tun. Bis dahin sind wir hilflose Opfer.
Wir sehen die Sünde in anderen, weil wir denken, dass wir das brauchen, um sie nicht in uns selbst zu sehen. Wir glauben an das Prinzip, dass einige Leute der Liebe nicht wert sind und bestraft werden müssen. Tief in uns wissen wir, dass wir einer der Verurteilten sind, aber das Ego sagt uns, wenn wir die Schuld bei anderen sehen können, die schlechter sind als wir, können wir der Strafe entgehen. So projizieren wir unsere Schuld.
Diese Lektion sagt uns, wenn wir den Schandfleck unserer eigenen Schuld von der Welt wegnehmen, sehen wir ihre »himmlische Sanftmut« (1:4). Wenn ich mich daran erinnern kann, dass meine Gedanken und Gottes Gedanken identisch sind, werde ich keine Sünde in der Welt sehen, weil ich sie nicht in mir selbst sehe.
Die Welt um uns herum bietet uns zahllose Gelegenheiten an, uns selbst zu vergeben. »Nur in einem anderen kannst du dir selbst vergeben, denn du hast ihn schuldig geheißen für deine Sünden, und in ihm muss deine Unschuld nun gefunden werden.« (L-2.I.4:6). Wenn jemand in unserem Leben als Sünder auftritt, haben wir die Chance, uns selbst in ihm zu vergeben. Wir haben die Chance, die fixierte Wahrnehmung ein wenig mehr aufzugeben, dass das, was diese Person tat, sie schuldig macht. Wir haben die Chance, hinter die schändliche Handlung zu sehen und die zugrunde liegende Unschuld zu erkennen. Wir legen unser festgelegtes Urteil beiseite und erlauben dem Heiligen Geist, uns etwas anderes zu zeigen.
Es sieht so aus, als wenn unsere Arbeit darin bestünde, anderen zu vergeben. In Wirklichkeit vergeben wir immer uns selbst. Wenn wir die Unschuld in dieser anderen Person finden, verstehen wir unsere eigene Unschuld plötzlich etwas besser. Wenn wir ihre Handlungen als einen Ruf nach Liebe ansehen, können wir unser eigenes Fehlverhalten leichter als einen Ruf nach Liebe sehen. Wir entdecken eine gemeinsame Unschuld, eine radikale Unschuld. Es ist die absolute Unschuld, völlig unverändert seit dem Zeitpunkt, an dem Gott uns schuf.