14. Mai (134)↗

Ist Vergebung "ein ungerechtes Opfern eines gerechten Zorns [...], eine Gabe, die ungerechtfertigt und unverdient ist [...], eine vollständige Verleugnung der Wahrheit" (1:1)? Wäre das, was mein Bruder getan hat, tatsächlich wirklich, dann wäre es in der Tat so. Denn ich würde "aus Gnade" vergeben, obwohl mein Bruder wegen seiner Tat Strafe verdient hätte. Ich würde jedoch "großzügig" darüber hinwegsehen und auf die "gerechte" Strafe verzichten. Diese Vergebung nennt der Kurs "Vergebung-zum-Zerstören", denn "sie sagt, die Wahrheit sei falsch, und lächelt den Verderbten zu, als seien sie so schuldlos wie Gras, so weiß wie Schnee" (4:4). Diese Art von "Vergebung" bewirkt nichts, denn sie lässt die Wirklichkeit der Sünde bestehen. Mit Vergebung im Sinne des Kurses hat das nichts zu tun.

Die Vergebung des Kurses ("Vergebung-zum-Erlösen") muss erlernt werden, denn sie ist nicht Bestandteil des Geistes. Der HIMMEL braucht keine Vergebung. In dem Sinne ist diese Vergebung ein Bestandteil der Illusion, aber "Vergebung ist das einzige, was innerhalb der Illusionen dieser Welt für die Wahrheit steht" (7:1). Denn sie dehnt Illusionen nicht weiter aus, sondern beseitigt sie. Man kann sie vergleichen mit dem Dorn, der genutzt wird, andere Dornen zu entfernen. Zuletzt wird auch dieser Dorn beseitigt, weil er nicht mehr gebraucht wird.

Kernpunkt der Vergebung ist die Unwirklichkeit der Sünde. Nur dann ist die Vergebung sinnvoll, denn sie nimmt die Last der Verurteilung von meinen Schultern. Daher will ich heute lernen, was Vergebung wirklich bedeutet. Ich gebe dafür zweimal eine Viertelstunde, um mich mit meinem inneren FÜHRER zu verbinden und IHN zu bitten, mir zu zeigen, was die Vergebung wirklich ist. Anschließend wähle ich einen Bruder nach SEINER Anweisung aus und betrachte nacheinander seine "Sünden", ohne jedoch bei einer zu verweilen. Nun stelle ich mir die Frage: "Würde ich mich dafür verurteilen, das getan zu haben?" Diese Frage bedeutet nicht, dass ich mich frage, ob ich mich verurteilen würde, wenn ich es getan hätte! Man könnte die Frage auch so formulieren: "Bestehe ich wirklich auf der Wirklichkeit der Sünde und der Notwendigkeit von Strafe? Denn wenn ich das tue, verurteile ich mich selbst." Ich frage mich also, ob ich wirklich Sünde sehen will, denn wenn ich meinen Bruder verurteile, verurteile ich mich selbst. Ich will mich und die Welt jedoch von der Last der Verurteilung befreien.